Thesen zur Rekonstruktion der keltischen Glaubensvorstellungen 2
Theses on celtic religion   webmaster@gruenverlag.de    Thèses sur la religion des celtes
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Es soll hier nur auf einige Ähnlichkeiten des Druidensystems (nach Thurneysen, LeRoux/Gyonvarc'h u.a.) mit dem Schamanensystem (nach Findeisen) aufmerksam gemacht werden, denen man sonst weniger Beachtung schenkt:

  1. Der Schamanismus ist ein äußerst vielfältiges Gebilde und ebenso ist auch die Funktion der Druiden in der keltischen Gesellschaft vielfältig: Magier, Seher, Heiler, Dichter, Lehrer, Philosoph - all dies lässt sich unter dem Begriff Vermittler, Medium zusammenfassen. Als Medien und Vermittler werden aber auch die Schamanen angesehen. Schamanen sind keineswegs in erster Linie Zauberer, sondern priesterliche Seelenführer, Heiler, Künstler, Künder und all das auf Grund einer besonderen Veranlagung, derethalben wir sie psychologisch als spiritistische Medien charakterisieren.
  2. Die Schamanen sind geistig besonders rege, sind sie doch Dichter religiöser Anrufungen, Hymnen. Sie müssen den gesamten kultischen Stoff ihres Stammes bis ins höchste Alter beherrschen. Besonders sind sie gute Kenner der Sagen, Märchen und der Überlieferung. Ganz Ähnliches lässt sich über die Druiden sagen.
  3. Von einem großen heiligen Baum stammt der Schamane ab oder aus einem dort aufgehängten Nest. Oder er wird dort zum Schamanen gewandelt oder findet dort seine Zuflucht. Siehe hierzu alles was unter dem Stichwort Baum gesagt ist.
  4. Bevor der Schamane zu einem Krankenlager geht, erscheint ihm seine Geist-Geliebte. Ist sie liebenswürdig und nett zu dem Schamanen, so wird er selbst gut gelaunt und erblickt darin eine Ankündigung, dass er bei der Krankenheilung Erfolg haben wird. Das erinnert an das keltische Märchen, wo der Tod unsichtbar am Krankenbett Stellung nimmt und dem ihn allein sehenden Arzt die zutreffende Prognose erlaubt.
  5. Im Schamanismus ist die Vorstellung von Tiermüttern bekannt - vielleicht entsprechen ihr die 'Ältesten Tiere', die in britischen Überlieferungen auftreten. Auch vogelgestaltige Mütter sind in der keltischen Überlieferung bekannt.
  6. Bären- und Hirschkulte sind auf schamanistischen Jagdzauber zurückzuführen - man lese nur einmal sibirische Überlieferungen!
  7. Während einer Séance wachsen dem Schamanen Hörner (oder ein Geweih?) und vergehen wieder. Dies erinnert an die gehörnten Göttergestalten der Kelten (s. unter Cernunnos). Furbaide Ferbend der Gehörnte, hat zwei Silberhörner und ein Goldhorn (dreifach Hörner auch bei Stieren); zwei Hörner wachsen auf Farbaide; Feradach Fechtnach der Gehörnte in Tain, militärische Macht; Conall Cernach, der Krieger par excellence, mit Attributen, die auch für den Hirschgott gelten (cernach kann bedeuten der Siegreiche, aber auch eckig, gewinkelt, anders als Cernunnos), aber so wie Cernunnos eine Ahnengestalt der Gallier ist, so ist Conall Cernach eine Ahnengestalt der Iren. Conall Cernach zerstört ein Schloss, das von einer Schlange bewacht wird; diese aber, anstatt ihn zu bekämpfen, gleitet schwach in seinen Gürtel - vergleiche dazu Efflams Art des Drachenkampfes! - Schlange als Attribut von Cernunnos - eine Vorstellung eines gehörnten Gottes mit der Schlange um den Leib und Torque gab es wohl in allen Keltenländern. Im bretonischen Märchen zaubert der eine Zauberer dem anderen ein Gewächs auf den Kopf, dass dieser nicht sein Haus verlassen kann.
  8. Zerstückeln des Schamanen kann als Voraussetzung der Initiation angesehen werden. Der Kopf wird abgetrennt und auf eine lange Stange gesteckt, damit er alles mit ansehen kann, was dem Körper geschieht ( vergleiche unten zum Kopfkult der Kelten, wo der Kopf abgetrennt wird und weiterlebt!). Alle Knochen werden vor dem Wiederbeleben wieder an Ort und Stelle gebracht. Die Knochen eines gejagten Tieres können, wenn man sie vollständig zusammenlegt, wieder das Tier herbeibringen. Vergleiche dazu das Märchenmotiv von dem einen Knöchelchen, das fehlt, um jemanden wieder ins Leben (oder aus der Verzauberung) zurückzurufen.
  9. Als Tracht der Schamanen wird häufig ein Gewand aus Vogelfedern oder auch aus Hirschhaut erwähnt. Ähnliches wird von den Druiden berichtet.
  10. Der Schamanenstab ist direkt vergleichbar dem druidical wand und dem späteren Zauberstab.
  11. Die Beschreibung eines sibirischen Schamanen bei der Begegnung mit einem 'Besessenheitsgeist' erinnert an die sog. Wutverzerrung von Cuchullain: Im Augenblick des Besessenwerdens sträubten sich ihm die Haare und er hatte das Gefühl hochgehoben zu werden, als wäre er überhaupt größer geworden.
  12. Die vermittelnden Geister, denen die Schamanen bei der Trancereise begegnen oder in die sie sich vorübergehend verwandeln, lassen sich - wie ja überhaupt das Wandel-Motiv und das Motiv der Reise ins Jenseits - in gewissen Gestalten der druidischen Überlieferung wiederfinden. Sie sollen hier Mittelgeister genannt werden, weil sie in der keltischen Überlieferung auch nicht als Götter angesehen werden, aber mehr als Menschen sind. Zu ihnen gehören beispielsweise: Arawn, Blas, Ceridwen, Coll m. Collvrewy, Ferdia, Gwydion, Gwynn/Finn, Kei, Math, Menw, Midir, Myrddin, Oengus und einige der legendären Druidengestalten der irischen Überlieferung.

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