Tu, felix Frisia, nube!

von

Horst Jürgen Grün 

Die Frage    Ereignisse   Beinamen    Beziehungen    Portraits    Weitere Einzelheiten    Die Antwort 

 

 

 

Einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass im Jahre 2000 in den Ruinen des Klosters Niederbrake seit langem verschollene Urkunden gefunden wurden, die Licht auf die jevrische Dynastie werfen, deren ruhmreiche Geschichte zu lange unbeachtet blieb. Die Auswertung der wertvollen, freilich lückenhaften und verworrenen Doku- mente dauert noch an; schon jetzt aber lässt sich sagen, dass die Geschichte der nord- deutschen Tiefebene neu geschrieben werden muss.

Die jevrische
Dynastie

Genau tausend Jahre vor dem Funddatum wurde der erste Fürst dieser fünfzehn Herrscher umfassenden Dynastie von Kaiser Otto III. mit den norddeutschen Hoch- und Tiefmooren belehnt und mit der Herzogswürde ausgestattet, die aufgrund beson- derer Landesgesetze auch Frauen erwerben konnten. Am Dreikönigstage des Jahres 1001 trat der erste Herzog sein entsagungsvolles Amt an. Nach genau 400 Jahren erlosch die Dynastie mit dem Tode der letzten, steinalten und völlig vereinsamten Herrscherin, die behutsam vom Thron entfernt werden musste.

Ereignisse Die f�nfzehn Herrschaften sind gekennzeichnet durch f�nfzehn Ereignisse, mit denen die Herz�ge und Herzoginnen in die Weltpolitik eingegriffen haben: Dazu geh�ren auch die Gr�ndung des Klosters Niederbrake selbst, die Teilnahme am dritten Kreuzzug wie auch die gro�e �bersetzung der Bibel ins Mittelhochfriesische von 1232. Unter den gro�en Ereignissen der jevrischen Geschichte mu� der Merkw�rdigkeit halber auch noch des Konzils von Meppen gedacht werden, das zwar in den Annalen der p�pstlichen Kurie verschwiegen wird, welches aber gleichwohl die Beachtung von Papst Alexander III. gefunden zu haben scheint. Es hatte sich auf Ansto� des herr- schenden Herzogs, der dem Konzil in eigener Person vorsa�, der Frage zu widmen, ob die Engel m�nnlichen oder weiblichen Geschlechts sind, eine Frage, die nach Ansicht f�hrender Hofschranzen umso dringlicher geworden war, als das Herzogtum bereits drei weibliche Herrschaften erlebt hatte. Der Beschlu� des Konzils ist bis heute nicht bekannt geworden; immerhin dauerte es nach dem Konzil noch genau 49 Jahre, bevor wieder eine Frau den Thron von Jever bestieg.
Beinamen

 

 

 

 

 

 

 

 


Beziehungen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Portraits

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Weitere
Einzelheiten

 

 

Alle Herz�ge und Herzoginnen tragen Beinamen, die ihnen von den Zeitgenossen oder der Nachwelt beigelegt wurden. So trug beispielsweise der Gr�nder der Dynastie den Beinamen "im Barte", ein sp�terer den des "Seefahrers". Auch blieb bis heute weithin unbekannt, da� lange vor Guillaume V. von Aquitanien ein jevrischer Herzog sich aufgrund seiner Dicht- und Sangeskunst den Beinamen "der Troubadour" verdiente und die erst wenige Jahrzehnte zuvor eingef�hrte lateinische Schrift um vier Buchstaben bereichern wollte, um sie der heimischen Zunge, insbesondere den friesischen Diphthongen ("Twaud��ner") gef�giger zu machen. Von seinen Versen freilich sind nur d�rftige Proben auf die Nachwelt gekommen, die mehr seine unersch�tterliche Vaterlandsliebe denn seine reine und unverf�lschte Dichtkunst zu sch�tzen Anla� zu geben scheinen. Diese war deshalb auch nicht das hervorstechende Ereignis seiner Jahre. Historiker n�rdlich der Benrather Linie halten es au�erdem f�r unsch�dlich, darauf hinzuweisen, da� der friesische Beiname "de Suupkopp" keine adelige Herkunft verb�rgt, vielmehr keinen Anteil an der hochdeutschen Lautverschiebung genommen hatte, als er einem Herzog zugeteilt wurde, so da� ihm auf neuhochdeutsch "der Saufkopf" oder einfacher "der S�ufer" entspricht.

 

Eine Eigenheit, wenn auch nicht unbedingt ein Vorzug dieser Dynastie war die Tat- sache, da� jeder Herrscher und jede Herrscherin zum unmittelbaren Vorg�nger in einer bestimmten verwandtschaftlichen Beziehung stand, die sich nicht wiederholte: So gab es nur einen Sohn, eine Tochter, eine Schwester, einen Enkel usw., wenn man davon absehen will, da� Konrad der um sechs Jahre j�ngere Bruder seines Vor- g�ngers, Martin aber der Zwillingsbruder des voraufgegangenen Herzogs war, so da� auch der Thronwechsel lange Zeit unbemerkt blieb. Einer Besonderheit im Sprach- gebrauch der M�nche von Niederbrake ist es zuzuschreiben, da� Herrscher auch dann noch als Gemahl oder als Gemahlin bezeichnet wurden, wenn ihre Gemahlin beziehungsweise ihr Gemahl unmittelbar vor ihnen geherrscht, aber verstorben waren, und ihnen als Witwer oder Witwe der Thron zugefallen war. Dieser Fall ist einmal bei einem Manne, im anderen Falle, n�mlich bei Johanna, bei einer Frau eingetreten. Der Herzog "im Barte" hatte nat�rlich keinen Verwandten als Vorg�nger; jedenfalls ist dar�ber nichts Genaues bekannt; erst sp�tere Legenden wollten wissen, da� das Geschlecht aus dem Kannebeker L�ndchen oder aus Troja eingewandert sein soll. Keine zwei Herrscher regierten die gleiche Anzahl von Jahren noch bestand zwischen den Ereignissen, die ihre Herrschaften gepr�gt haben, jemals der gleiche Abstand. Kein Ereignis fiel in das Sterbejahr eines Herrschers oder einer Herrscherin. Auch fielen das letzte Jahr des Vorg�ngers und das erste Jahr des Nachfolgers niemals zusammen, so da� beispielsweise eine von 1116 bis 1142 w�hrende Herrschaft, h�tte es eine solche gegeben, 27 Jahre gedauert h�tte, weil das erste (1116) wie auch das letzte Jahr (1142) voll gez�hlt zu werden pflegten.

 

Im ersten Stock des Schlosses zu Jever h�ngen im langen Flur zum Thronsaal die Portraits der Herren und Herrinnen zu Jever hintereinander, freilich in keiner bestimmten Reihenfolge; ja, bis auf eine einzige Ausnahme h�ngt kein Portrait an dem Platz, der ihm in der langen Chronologie zugekommen w�re.

  1. Adalbert reichte die Herzogskrone an seine Gro�nichte weiter.
  2. Das zweite Gem�lde stammt aus dem Jahre 1166, dem Kr�nungsjahr jenes Herzogs, dem es in einer einmaligen Usurpation gelang, als Stiefvater seiner eigenen Vorg�ngerin den Thron zu besteigen.
  3. Nach langem Streit sind sich die Wissenschaftler einig, da� es sich bei diesem Portrait um eine Dame handeln mu�, und zwar um jene, in deren 16. Herrschaftsjahr die gro�e D�rre fiel, die ihr den gleichlautenden Beinamen eintrug.
  4. Unter der Regierung dieses Landesherrn, der den Thron von seiner Tante �bernommen hatte, wurde das Land im Jahre 1349 von der gro�en Pest heimgesucht.
  5. Dieses w�rdevolle Gem�lde zeigt den Herzog, der 28 Jahre lang regierte.
  6. Es war 22 Jahre nach einem bedeutenden Geschehnis, bevor wieder ein Ereignis die Geschichte des Hauses Jever pr�gte und der hier dargestellte "Troubadour" einen historischen Erfolg erzielen konnte.
  7. Diese Herzogin regierte 38 Jahre lang und weihte in dem von Papst Bonifatius VIII. ausgerufenen ersten Heiligen Jahr den Leerer Dom ein.
  8. Gleich daneben h�ngt das Bild des "Sch�fers". Er verdankte diesen Beinamen seinem Anliegen, die Wollindustrie des Herzogtums zu beleben, und gab im neunten Jahr seiner kreativen Herrschaft Ursache f�r den ber�hmten Quakenbr�cker Bauernaufstand, als er in eigener Person eine Schafherde �ber die Salzweiden f�hrte. Gegen Ende seiner Regierung lobte er noch den "Friesenpreis des deutschen Tuchhandels" aus. Seine Herrschaft fiel zwischen die Regierungen zweier Frauen, ein Schicksal, das au�er ihm nur noch "den Schweigsamen" traf, dessen Beiname ebendieser Tatsache zuzuschreiben gewesen sein soll.
  9. Auf diesem Portrait ist deutlich erkennbar "der Krumme" abgebildet, der im Jahre 1044 ein in der Geschichte des herzoglichen Geschlechts bedeutendes Ereignis ins Werk setzte.
  10. "Die Eiserne" war die Tochter ihres Vorg�ngers. Nach 42j�hriger Herrschaft � der l�ngsten einer Frau in der Geschichte der jevrischen Dynastie � dankte sie ab, nahm den Schleier und zog sich hochbetagt in das von ihrem Gro�vater 114 Jahre zuvor gegr�ndete Kloster Niederbrake zur�ck, wo sie noch neunzehn Jahre in verdienter Bu�e und Demut verbrachte, ihre beiden Nachfolger um genau ein Jahr �berlebte und mit Sendschreiben drangsalierte.
  11. Die "Rote" war die einzige Frau, der eine andere Frau, n�mlich ihre Enkelin, auf den Thron folgte.
  12. Dieser Herzog, der als Urenkel seines Vorg�ngers den Thron bestieg, vererbte ihn an seine Nichte weiter.
  13. Genau hundert Jahre nach der Gr�ndung der Universit�t er�ffnete diese Dame den nach ihr benannten Elisabethenkanal, der aufgrund des geringen Tiefgangs der Liebe dieses Fl��chen mit der oberen Brake verbinden sollte. "Hier", so soll die Herzogin gesagt haben, "kann nun die Liebe ihren Lauf nehmen."
  14. Dieses Portrait ist das einzige, das chronologisch richtig h�ngt, denn es zeigt den letzten m�nnlichen Herzog, der 1377 verstarb, bevor seine Schwester den Thron bestieg.
  15. Das letzte Gem�lde zeigt "die Dicke". Ihr Vorg�nger war Anh�nger des Ritterideals der Zeit, der stets geharnischt in Br�nne, Helm und Beinschienen auftrat. Er f�hrte mit Stolz den Beinamen "sanglier en fer", den er sich auf den Schlachtfeldern des Abend- wie des Morgenlandes erworben hatte. Er fiel in der Schlacht von Bouvines, als er mit der welfisch-englischen Koalition wie so oft in seinem Leben die falsche Seite gew�hlt hatte. Unter dem Jubel der aufatmenden Bev�lkerung wurde wenige Wochen sp�ter "die Dicke" gekr�nt, die zur beliebtesten Herzogin werden sollte.
  16. Aus den Urkunden der M�nche von Niederbrake waren nach m�hseliger �bersetzung noch die folgenden Einzelheiten zu gewinnen:

  17. Sigismund war der einzige Mann, der zwischen zwei M�nnern regierte. Zusammen mit seinem Nachfolger regierte er genau 50 Jahre; beider Regierungsjahre waren, wie sp�tere Astronomen der Universit�t Bremen herausgefunden haben, Primzahlen.
  18. Unter Lothar erlebte das Herzogtum mit 43 Jahren die l�ngste Regierungszeit aller Herrscher und Herrscherinnen, w�hrend Gregor nur 32 Jahre regierte.
  19. Als Wilhelm der Eroberer von der Normandie nach Hastings �bersetzte, um England zu erobern, kam eines seiner Begleitschiffe mit 62 Tro�-knechten und Matrosen vom Kurs ab und landete bei Neuharlingersiel. Es gelang Herzog Konrad, der Normannengefahr durch energisches Einschreiten zu begegnen. Die besiegten Normannen wurden zu Torfstechern umgeschult und bei Bockshorn angesiedelt. Als Herzog Konrad den Thron �bernahm, war er genau 25 Jahre �lter als sein Bruder bei seiner Thron-�bernahme gewesen war. Er regierte f�nf Jahre l�nger als der Sch�fer, der zehn Jahre l�nger regierte als Johanna.
  20. Michaels Herrschaft fiel zwischen zwei Kriege, und zwar einen B�rgerkrieg, den ein aufs�ssiger Torfstecher entfesselte, weil er sich gegen die vom herzoglichen Hause und den Braum�nchen von Niederbrake ins Auge gefa�te Verhopfung und Vermalzung der Hochmoore zur Wehr setzen wollte, und den ber�hmten Kannebeker Erbfolgekrieg.
  21. Eberhard �bergab, wie wir auch dem Annalenwerk Adams von Bremen entnehmen k�nnen, die Krone an den Eroberer der Insel Borkum, die ein- schlie�lich ihrer 55 Fischer und 200 Silberrobben dem Herzogtum einverleibt wurde.
  22. Johannes vererbte die Krone an den Herzog, der dem Aufruf zum dritten Kreuzzug folgte.
  23. Dreizehn Jahre nach der Pest und genau 250 Jahre nach dem ber�hmten Kannebeker Krieg wurde die K�ste von der gr��ten Sturmflut der Geschichte unseres Herzogtums heimgesucht. In dem von der Pest nahezu entv�lkerten Land konnten die Deiche nicht mehr instandgehalten werden, so da� die Sturmflut, die "grote Manndr�nke", den Jadebusen und den Dollart schuf und ein Viertel des Herzogtums unter Wasser setzte.
  24. Zwei Jahre nach Gr�ndung der Universit�t bestieg "die Maz�wr�e� (sprich: Masuffsche) den Thron von Jever. Sie stammte von masurischen Schlachzizen ab und soll weitl�ufig mit den polnischen Pr�ybisliden verwandt gewesen sein.
  25. Mit Ausnahme des "sanglier en fer", dessen sterbliche �berreste unauffindbar blieben, und des "Suupkopps" haben alle vor der Domgr�ndung verblichenen Herz�ge und Herzoginnen in der Herzogsgruft des Klosters Niederbrake, die sp�teren im Leerer Dom ihre letzte Ruhe gefunden. Der "Suupkopp", dem die k�rzeste Regierungszeit aller m�nnlichen Herz�ge beschieden war, hatte sich testamentarisch seinen Geburts- und Heimatort im Celler Land als letzte Ruhest�tte ausgesucht. Er wurde in S�lze beigesetzt.
  26. Helenes Gemahl regierte zwei Jahre l�nger als seine Frau, die zehn Jahre weniger lange herrschte als ihr Vorg�nger.
  27. Der Nachfolger Sophias hatte sich den Beinamen des "Einsiedlers" zugezogen, nachdem er sich trotz eindringlicher Warnungen seiner kirchlichen Berater um die soeben frei gewordene Hand der Margarete Maultasch bem�ht hatte, aber aus den Tiroler Bergen br�sk abgewiesen worden war. Die restlichen elf Jahre seines Lebens verbrachte er in verdrossener Abgeschiedenheit.
  28. Mathilde, die Bertas Regierungsbeginn noch erlebt und mit mi�billigenden Sendschreiben zu verhindern versucht hatte, regierte neunzehn Jahre l�nger als "die Fromme".
Die Frage:  
  • Wann haben alle Landesherren und Landesherrinnen geherrscht
  • wie hie�en sie mit Haupt- und Beinamen,
  • wann fanden die Ereignisse statt, 
    insbesondere:
  • wo wurde Johannes beigesetzt?

Die Antwort
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