Um sich von den Bauernhöfen, die mitten auf
dem Land lagen, in den Ort zu begeben, hatte man früher nur schlechte,
kleine Wege, die man garenne nannte. Hierher gingen die Leute
sonntags zur Messe, dort gingen auch die Toten zum Friedhof.
Im Winter, wenn diese Pfade durch den Regen
unwegsam geworden waren, nahm man seine Route über das angrenzende
Feld, um den schlechten Weg zu umgehen. Daher die vielen Pfade, die
sich an den alten Straßen entlang ziehen und sie anscheinend
verdoppeln. Daher so viele Trittstufen, die in die Mauern eingelassen
sind, um den Übergang zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Später baute man bessere Straßen und die
alten wurden von den Lebenden aufgegeben. Aber die Toten, das heißt
die Trauerkondukte zogen weiterhin dort entlang.
Man hätte befürchtet, ein Sakrileg zu
begehen, wenn man einen Menschen auf einem anderen Weg zu seiner
letzten Ruhestätte geführt hätte als dem, wo sein Vater, sein
Großvater, sein Urgroßvater, Ururgroßvater und alle seine Ahnen ihm
seit unvordenklichen Zeiten vorangegangen sind.
Diese Wege, die nunmehr allein von
Begräbniszügen benutzt werden, erhielten den Namen "Todeswege " (hent
ar maro).
*
Ich hatte vor nunmehr rund dreißig Jahren
gerade den Grundbesitz von Kerlann in Penhars als Bauernhof
übernommen. Unter den Viehweiden, die zu dem Grundbesitz gehörten, war
eine, die nichts als Sumpfland und Schlammlöcher war. Ein Karrenweg
durchquerte sie. Ich ließ sie absperren, um zu verhindern, dass mein
Vieh in dem schwankenden Boden stecken blieb. An beiden Ausgängen ließ
ich feste Schranken (marc'h-cleut) anbringen.
Eines Morgens, als ich auf dem Feld war,
staunte ich nicht wenig, einen Beerdigungszug vor einer der Schranken
halten zu sehen. Ich lief hin.
"Was wollt ihr?", fragte ich den Mann, der
den Leichenwagen führte.
"Durchfahrt, parbleu! ... Mit welchem Recht
versperrst du den Todesweg?"
"Mensch, wenn du mit deinem Karren auf
diese Wiese fährst, bin ich sicher, dass du ihn nicht wieder heraus
ziehen wirst."
"Hier entlang sind unsere Toten immer zum
Friedhof gefahren; hier werden sie auch weiterhin fahren, ob es dir
passt oder nicht!"
Es war nicht der Zeitpunkt, eine Diskussion
anzufangen. Ich ließ die Schranke entfernen, fest entschlossen, sie
sofort danach wieder anzubringen und dann mittels einer Tafel die
Durchfahrt durch diese gefährliche Wiese zu verhindern.
Als ich aber abends mit meiner Frau und
meinen Nachbarn darüber sprach, schrien alle einstimmig auf:
"Das ist nicht dein Ernst! Den Todesweg
verschließen! Dann haben wir in diesem Haus keine ruhige Nacht mehr!
Die Toten, die du daran hindern würdest, einen Weg zu nehmen, der
ihnen heilig ist, kämen uns aus den Betten zu zerren, auf den Boden zu
rollen und uns tausendfachen Schimpf anzutun! ... Hüte dich, eine
solche Ruchlosigkeit zu begehen!"
Ich musste mich fügen. Die Schranken
verschwanden endgültig. Ich ersetzte sie durch Mäuerchen aus
Ziegelsteinen, die leicht ab- und wieder aufzubauen waren.
Erzählt von René
Alain. - Quimper, 1887.